„Ich weiß gar nicht, was mich eigentlich so stresst. Ich habe doch alles...“
„Ich darf mich nicht beklagen, anderen geht es doch viel schlechter.“
„Mein Leben ist ein Chaos. Aber eigentlich geht es mir doch gut, oder?“
Viele Menschen fühlen den Stress. Im Alltag, in der gemeinsamen Zeit mit ihren Kindern, bei der Arbeit und sogar beim ausüben freudvoller Hobbys. Irgendwie ist er allgegenwärtig und trotzdem nicht fassbar. Zahlreiche körperliche und psychische Beschwerden gehen mit dem modernen Stress einher. Aber was genau ist es, was solchen Stress auslöst und was bedeutete Stress in der heutigen Zeit?
Die täglichen Herausforderungen sind groß, anders als vor ein paar Jahrzehnten, und sehr vielfältig. Der australische Psychologe Steve Biddulph beschreibt den Stress in der heutigen Zeit sehr treffend:
„Wie der fieberhafte, überhitzte, desorganisierte Zustand, den wir manchmal erleben, wenn wir krank sind. Unsere Lebensweise ist krank. Sie schadet uns und unseren Kindern und verwandelt eine Zeit des Überflusses und der Sicherheit, die ein Himmel auf Erden sein sollte, in eine Art Hölle. Zu viel von allem. Zu schnell. Zu wenig Glück. Vereinfachung und Entschleunigung sind das, was unsere Welt jetzt am dringendsten braucht.“
Anhand der Maslowschen Bedürfnisspyramide schauen wir uns genauer an, was die modernen Herausforderungen ausmachen.
Anhand der Maslowschen Bedürfnispyramide wird deutlich, welche Faktoren den Stress in der heutigen Zeit prägen. Glücklicherweise sind in unserem modernen, westlichen Leben die unteren beiden Ebenen der Pyramide in der Regel erfüllt: Wir haben Zugang zu gesunder Nahrung und Trinkwasser, die Möglichkeit zur Körperpflege und eine relative Sicherheit im Vergleich zu früheren Zeiten. Diese Befriedigung der Grundbedürfnisse ermöglicht es dem Menschen, sich den höheren Bedürfnissen wie Wertschätzung und Selbstverwirklichung zu widmen. Dennoch bleibt das allgemeine Stressniveau hoch. Warum?
Dieses Privileg, uns mit Status und Selbstverwirklichung zu beschäftigen, hat auch seine Schattenseiten, insbesondere in Form von Reizüberflutung. Ein übermäßiges Streben nach Individualität und Selbstverwirklichung kann das persönliche und gesellschaftliche Gleichgewicht stören. Eine zu starke Fixierung auf die oberen beiden Ebenen der Pyramide kann sich negativ auf die unteren auswirken, indem sie die Psyche, Lebenssicherheit aber auch Beziehungen belastet.
Apropos Beziehungen: Die sozialen Bedürfnisse habe ich bewusst für sich alleine stehen lassen. Diese Bedürfnisse können im Hinblick auf den Stress in der heutigen Zeit sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben.
Anhand dieses Modells gehen wir nun näher auf die konkreten Stressfaktoren der heutigen Zeit ein. Das Modell umfasst die drei Hauptaspekte unseres Lebens: Raum, Zeit und Spiritualität sowie Psyche - Geist, Körper und Sozialität. Es hilft uns, die Stressfaktoren zu ordnen und genauer zu betrachten."
Raum
Zeit
Spiritualität
Psyche - Geist
Körper
Sozialität
Mir schwirrt schon vom Aufschreiben dieser Gedanken der Kopf. Und dabei wäre noch so viel zu ergänzen. Geht es dir beim Lesen genauso? Oder siehst du in all diesen modernen Errungenschaften ausschließlich ein Privileg für dich und unsere Gesellschaft? Wenn du auf diesen Artikel gestoßen bist, gehörst du wahrscheinlich eher zur ersten Gruppe.
Der Stress in der heutigen Zeit ist vielleicht nicht größer als früher, aber er ist in anderer Form präsent: subtiler, weniger fassbar, oft verborgen unter "guten Dingen" und verankert in den Wertschätzungs- und Selbstverwirklichungsbedürfnissen der Maslowschen Bedürfnispyramide.
Verfügbarkeit, Austauschbarkeit, Zugänglichkeit, Wandelbarkeit, Entscheidungsdruck, Schnelligkeit, Informationsflut, Überlastung, Flexibilität, Konkurrenzdruck, Multitasking, Selbstoptimierung, Erreichbarkeit, Zeiteffizienz, Entscheidungsvielfalt, – all diese Begriffe prägen und fordern unsere Zeit.
Wenn du dir mehr Ruhe in deinem Leben wünschst, ist es wichtig, Wege zu finden, um mit dem modernen Stress umzugehen. Hier sind einige Ansätze, wie du dich selbst besser kennenlernen und den Stress bewältigen kannst:
Selbstreflexion und Achtsamkeit
Nimm dir regelmäßig Zeit, um über deine Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen nachzudenken. Praktiken wie Tagebuchschreiben oder Meditation können dir helfen, ein besseres Verständnis für dich selbst zu entwickeln und den aktuellen Stresslevel zu erkennen.
Prioritäten setzen und Grenzen wahren
Identifiziere, welche Aufgaben und Verpflichtungen wirklich wichtig sind, und lerne, Nein zu sagen, wenn du dich überfordert fühlst. Setze klare Prioritäten, um deine Energie gezielt einzusetzen und Stress zu reduzieren.
Gesunde Routinen etablieren
Entwickle Routinen, die deinem Wohlbefinden dienen, wie regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ausreichender Schlaf. Diese Gewohnheiten stärken deine Resilienz gegenüber Stress und helfen dir, dich besser auf deine Ziele zu konzentrieren.
Zeitmanagement verbessern
Nutze effektive Zeitmanagement-Methoden, um deine Aufgaben zu organisieren und zu priorisieren. Werkzeuge wie To-do-Listen oder Zeitplaner können dir helfen, den Überblick zu behalten und den Druck zu verringern.
Selbstakzeptanz und Flexibilität
Akzeptiere, dass Perfektion unerreichbar ist und sei flexibel, wenn sich Dinge nicht nach Plan entwickeln. Lerne, dich selbst mit deinen Unvollkommenheiten anzunehmen und anpassungsfähig zu bleiben.
Professionelle Unterstützung suchen
Wenn der Stress überwältigend wird, zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Therapeuten oder Coaches können dir wertvolle Werkzeuge und Perspektiven bieten, um besser mit den Herausforderungen umzugehen.
Indem du diese Strategien in deinen Alltag integrierst, kannst du nicht nur den Stress besser bewältigen, sondern auch ein tieferes Verständnis für dich selbst entwickeln und mehr innere Ruhe finden. Und vielleicht am wichtigsten: Nimm deine Stressgefühle ernst – sie sind berechtigt!