Strategien für Stressbewältigung

7/8/24
von
Naemi Nitsche

Stress ist ein ständiger Begleiter unseres modernen Lebens. Ob durch beruflichen Druck, familiäre Verpflichtungen oder die ständige Erreichbarkeit – Stress kann schnell überwältigend werden. Doch es gibt wirksame Strategien, um ihn zu bewältigen und die Kontrolle über das eigene Wohlbefinden zurückzugewinnen.

So vielfältig die Methoden zur Stressbewältigung sind, so besteht auch die Gefahr, einen ungeeigneten Ansatz zu wählen und den Stress weiter zu verstärken. Eine bestimmte Stressbewältigungsstrategie wird in unserer modernen Welt oft vernachlässigt. Erfahre, welche das ist und wie sie dein persönliches Leben positiv beeinflussen kann.

Strategien für Stressbewältigung

Die Stressbewältigungsstrategien sind in drei Kategorien unterteilt, die jeweils wichtige Elemente enthalten, um die eigene Stresskompetenz zu fördern:

Die instrumentelle Stresskompetenz umfasst praktische Strategien zur Bewältigung von Stressfaktoren, wie Zeitmanagement und Problemlösungsansätze.

Die mentale Stresskompetenz konzentriert sich auf die innere Haltung und Denkweisen, die helfen, Stress konstruktiv zu verarbeiten, zum Beispiel durch positive Selbstgespräche oder kognitive Umstrukturierung.

Die regenerative Stresskompetenz schließlich beinhaltet Methoden, die der körperlichen und geistigen Erholung dienen, wie Entspannungstechniken, Schlaf und regelmäßige Pausen.

Zusammen ermöglichen diese drei Bereiche eine ganzheitliche Herangehensweise, um die persönliche Resilienz zu stärken und stressbedingten Belastungen effektiv entgegenzuwirken.

Die eine Stressbewältigungsstrategie kommt zu kurz:

In einer Zeit, in der unser Alltag von ständiger Erreichbarkeit, unzähligen Verpflichtungen und einer Reizüberflutung durch digitale Medien geprägt ist, fällt es vielen schwer, dem Stress effektiv zu begegnen. Dabei wird oft übersehen, dass der Schlüssel zu einer nachhaltigen Stressbewältigung nicht nur in mentalen oder regenerativen Techniken liegt, sondern vor allem in der instrumentellen Stressbewältigung – dem aktiven Gestalten unseres Lebens und Setzen klarer Prioritäten.

Die Vereinfachung als Lösungsansatz

Die instrumentelle Stressbewältigung basiert auf einem simplen, aber tiefgreifenden Prinzip: Vereinfachung. Das Streben nach dem Essentialistischen ist dabei zentral. Es geht darum, sich immer wieder bewusst mit der Essenz des eigenen Lebens auseinanderzusetzen und die richtigen Prioritäten zu setzen. Dies bedeutet, klare Grenzen zu ziehen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, anstatt sich von einer Überfülle an Aufgaben und Informationen überwältigen zu lassen.

Warum Vereinfachung essenziell für deine Stressbewältigung ist

Das Vereinfachen des eigenen Lebens ist nicht nur eine Technik der instrumentellen Stressbewältigung – es ist der erste und vielleicht wichtigste Schritt, um Stress kompetent zu begegnen. Denn wenn dieser Punkt vernachlässigt wird, steht das gesamte System der Stressbewältigung auf wackeligen Beinen. Ohne eine klare Fokussierung und Entlastung des Alltags fällt es schwer, überhaupt Zeit und Raum für mentale und regenerative Maßnahmen zu finden.

Meines Erachtens wird dieser Aspekt in klassischen Stressbewältigungsstrategien oft zu wenig betont. Es scheint, als würde man versuchen, sich auf mentale Übungen oder Entspannungstechniken zu konzentrieren, ohne zuvor das Fundament zu schaffen. Doch wie sollen wir unsere Gedanken zur Ruhe bringen, wenn wir von ständiger Reizüberflutung umgeben sind? Wie sollen wir uns erholen, wenn wir nicht die nötige Zeit dafür einplanen?

Die Rolle der Reizüberflutung

In der modernen Welt scheint es nahezu unmöglich, den unzähligen Reizen zu entkommen. Ständige Erreichbarkeit, sowohl beruflich als auch privat, soziale Medien, Verpflichtungen und Aufgaben, die überall auf uns warten und nicht zuletzt all die vielen Möglichkeiten, die das Leben bietet – all das beansprucht unsere Aufmerksamkeit und erhöht den Druck. Diese Reizüberflutung hindert uns daran, echte Erholung zu finden und lässt uns oft gestresster fühlen, selbst wenn wir uns eigentlich erholen sollten.

Die Lösung liegt darin, bewusste Entscheidungen darüber zu treffen, was wir in unser Leben lassen und was wir aussortieren. Wenn wir unsere Umgebung und unseren Alltag gezielt vereinfachen, schaffen wir Raum für die nötige Erholung und mentale Ruhe. Durch das Reduzieren auf das Wesentliche können wir Klarheit schaffen und verhindern, dass uns der Stress übermannt.

Ein Beispiel aus meinem Praxisalltag:

A. ist von ihrem Alltag regelrecht überwältigt. Sie arbeitet viel und ihre Freizeit ist mit zahlreichen Aktivitäten überladen. Ihre Angst, etwas zu verpassen, treibt sie an: Sie will in ihrer Arbeit glänzen, gesund leben, Freundschaften und Hobbys pflegen und gleichzeitig ihren sozialen Beitrag leisten. Obwohl sie ein liebenswürdiger Mensch ist, verliert sie regelmäßig die Kontrolle. Alle paar Monate gerät sie in berufliche oder private Situationen, die sie nicht mehr erträgt, was in Wutanfällen, lautem Schimpfen oder Weinkrämpfen mündet. Diese Ausbrüche machen ihr schwer zu schaffen, und sie schämt sich dafür. Der Wunsch nach Veränderung wird immer drängender.

A. beginnt, sich mit mentalem Training, Achtsamkeit und Entspannungstechniken auseinanderzusetzen. Sie liest Bücher, geht einmal pro Woche zum Yoga und plant sich mehr Freizeit und Urlaube ein. Doch trotz dieser Bemühungen bleibt eine nachhaltige Besserung aus. Nach einigen Wochen kommt es wieder zu einem emotionalen Ausbruch, was sie frustriert und verunsichert. Sie fragt sich, ob tiefere psychische Probleme der Grund für ihr Verhalten sind, da sie trotz allem immer wieder in die gleiche Spirale gerät.

Als sie schließlich meine Beratung aufsucht, ist sie überrascht, dass wir an vermeintlich oberflächlichen Alltagsthemen arbeiten. Im Laufe der Beratung erkennt sie jedoch immer klarer ihre eigenen Bedürfnisse und beginnt, diese in ihren Alltag zu integrieren. Sie reduziert ihre Arbeitszeit, streicht einige Hobbys und soziale Verpflichtungen aus ihrem Wochenplan und überprüft kritisch ihre Freundschaften. Von Menschen, die ihr Energie rauben, trennt sie sich. Die Yogastunden besucht sie weiterhin, spürt nun aber viel bewusster, wie gut sie ihr tun.

Nach diesen Veränderungen fühlt sich A. im Alltag freier und leichter. Sie kann ihre Freizeit wieder genießen und ihre Emotionen gegenüber anderen klarer und ruhiger ausdrücken. Da sie sich nun im Alltag ausreichend gestärkt fühlt, überwältigen sie ihre Gefühle nicht mehr so leicht und sie verliert nicht mehr die Kontrolle. Die Ausbrüche gehören der Vergangenheit an, und sie spürt eine neue innere Balance.

Fazit: die instrumentelle Stresskompetenz als Basis für nachhaltige Stressbewältigung

Die instrumentelle Stressbewältigung bildet den Grundstein für ein stressfreieres Leben. Dieser erste Schritt schafft die notwendige Grundlage, auf der wir auch mentale und regenerative Stresskompetenzen aufbauen können. Ohne eine gezielte Vereinfachung und das Setzen von Grenzen wird es schwierig, ausreichend Raum für Entspannung und Erholung zu finden.

In einer Welt, die uns ständig fordert, ist es unverzichtbar, sich aktiv für diese Vereinfachung zu entscheiden. Grenzen zu ziehen und Prioritäten neu auszurichten sind nicht nur essentielle Bestandteile der instrumentellen Stressbewältigung, sondern sie schaffen auch den Freiraum, den wir brauchen, um mentale Techniken zu erlernen und regenerierende Pausen in unser Leben zu integrieren. Alle drei Strategien – instrumentell, mental und regenerativ – sind wichtig, doch die instrumentelle Stressbewältigung legt die Basis für alles Weitere.

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